Welche Mehrarbeit im Monat ist zuschlagspflichtig?

Lie­be Kol­le­gin­nen, lie­be Kollegen,
der neue Man­tel­ta­rif­ver­trag für Sicher­heits­kräf­te an Ver­kehrs­flug­hä­fen (MTV) ist am 1. Juni 2025 in Kraft getre­ten. Er regelt den Anspruch auf  Mehr­ar­beits­zu­schlä­ge neu. In unse­rem letz­ten Info-Flug­blatt 7 haben wir die neu­en Rege­lun­gen umfas­send vor­ge­stellt. Es gibt ers­te Anzei­chen, dass Arbeit­ge­ber ver­su­chen, die neue tarif­ver­trag­li­che Rege­lung zu nut­zen, um die Zah­lung von Mehr­ar­beits­zu­schlä­gen zu ver­mei­den. In die­sem Zusam­men­hang fällt von Arbeit­ge­ber­sei­te öfter das Wort „frei­wil­lig“, denn die Beschäf­tig­ten hät­ten die Mehr­ar­beit frei­wil­lig geleis­tet und des­halb sei­en die Stun­den nicht zuschlagspflichtig!?

Steht das im Tarifvertrag? – Was ist wirklich zuschlagspflichtige Mehrarbeit?

Schau­en wir uns erst ein­mal den Tarift­ext genau an. § 13 Absatz 8 lau­tet: „Mehr­ar­beit ist die auf Anord­nung des Arbeit­ge­bers über die im Monat bzw. über die im Jahr ver­ein­bar­te Arbeits­zeit hin­aus geleis­te­te Arbeits­zeit.“ Die­ser Satz regelt ein­deu­tig, dass die über die im Arbeits­ver­trag ver­ein­bar­te Arbeits­zeit hin­aus geleis­te­ten Stun­den, die vom Arbeit­ge­ber ver­an­lasst (ange­ord­net) wur­den, zuschlags­pflich­tig sind. Dies bedeu­tet, dass die geleis­te­te Mehr­ar­beit grund­sätz­lich zuschlags­pflich­tig ist.

In § 13 Absatz 10 ist die Rege­lung ent­hal­ten, die die monat­li­che zuschlags­pflich­ti­ge Mehr­ar­beit regelt:
„Im Fal­le einer Über­schrei­tung der tarif­li­chen durch­schnitt­li­chen monat­li­chen Arbeits­zeit von 160 bzw. 174 Stun­den bzw. der ver­ein­bar­ten monat­li­chen Arbeits­zeit Teil­zeit­be­schäf­tig­ter wird ein Mehr­ar­beits­zu­schlag gezahlt. Der Mehr­ar­beits­zu­schlag wird gewährt, wenn im jewei­li­gen Kalen­der­mo­nat mehr als 175
Stun­den im Bereich des §5 Luft­SiG und mehr als 190 Stun­den im Bereich der §§ 8, 9 und 9a Luft­SiG je Monat (Zeit­wert) Arbeits­zeit geplant wer­den. Für Teil­zeit­be­schäf­tig­te gel­ten die Zeit­wer­te gemäß Satz 2 antei­lig. Bei Über­schrei­tung der Zeit­wer­te gemäß Satz 2 bzw. 3 wird für die darüberhinausgehenden
Stun­den ein Mehr­ar­beits­zu­schlag gezahlt.“ Damit ist erst ein­mal klar: Wenn monat­lich Mehr­ar­beit geleis­tet wird, ist sie zuschlags­pflich­tig. Sie­he dazu Tabel­le am Ende die­ser Info.

Die Arbeit­ge­ber ver­su­chen die Zah­lung der Zuschlä­ge zu ver­mei­den, indem sie die Sät­ze 2 und 3 in § 13 Absatz 8 für sich nut­zen wol­len. Damit wol­len sie Geld (Mehr­ar­beits­zu­schlä­ge) zulas­ten der Beschäf­tig­ten ein­spa­ren. Die Sät­ze lau­ten: „Durch einen vom Beschäf­tig­ten ver­an­lass­ten Dienst­tausch ent­steht kein
Anspruch auf den Mehr­ar­beits­zu­schlag. Dazu zählt auch die frei­wil­li­ge Abga­be dienst­frei­er Tage, an denen der Beschäf­tig­te arbeitet.“

Die in den Sät­zen ent­hal­te­ne Aus­nah­me von der Zuschlags­pflicht muss wört­lich aus­ge­legt wer­den. Vom Beschäf­tig­ten ver­an­lasst bedeu­tet, dass die Initia­ti­ve zum Dienst­tausch vom Beschäf­tig­ten aus­geht. Wobei ein Dienst­tausch vor der Ver­öf­fent­li­chung des mit­be­stimm­ten Dienst­plans kein Pro­blem sein dürfte.
Auch Schich­ten mit glei­cher Arbeits­zeit­dau­er könn­te der Arbeit­ge­ber pro­blem­los zulas­sen und als zu berück­sich­ti­gen­de Arbeits­stun­den akzep­tie­ren, da sich an der Anzahl der geplan­ten Stun­den nichts ändert.

Auch bei der Über­nah­me eines Diens­tes an einem dienst­frei­en Tag muss dazu die Initia­ti­ve vom Beschäf­tig­ten aus­ge­hen. Dies wird im Tarif­ver­trag durch die Bezug­nah­me auf Satz 2 („Dazu zählt auch…“) deut­lich und das Wort „frei­wil­lig“ unter­streicht dies aus­drück­lich. Es muss also immer vom Beschäftigten 
aus­ge­hen.

Geht die Initia­ti­ve vom Arbeit­ge­ber aus, dann ist die Arbeits­zeit, die mehr geleis­tet wur­de, zuschlags­pflich­tig! Alle Ange­bo­te, die der Arbeit­ge­ber macht (Anruf, SMS, „Event“pläne oder ähn­li­ches), zusätz­li­che Stun­den oder Schich­ten oder zusätz­li­che Diens­te zu über­neh­men, sind nicht vom Beschäf­tig­ten ver­an­lasst und damit zuschlagspflichtig.

Ohne die Infor­ma­tio­nen durch den Arbeit­ge­ber wüss­te der Beschäf­tig­te von den Diens­ten nichts. Des­halb soll­ten die Beschäf­tig­ten in die­sen Fäl­len nicht gezahl­te Mehr­ar­beits­zu­schlä­ge schrift­lich gel­tend machen!
Dies kön­nen wir auch damit bele­gen, dass mit den bei­den Sät­zen nur die Befürch­tun­gen der Arbeit­ge­ber des BDLS, dass die Beschäf­tig­ten sich zuschlags­pflich­ti­ge Stun­den durch Über­nah­me von zusätz­li­chen Schich­ten oder durch Dienst­tausch „erschlei­chen“ wür­den, aus­ge­schlos­sen wer­den soll­ten. Des­halb wur­den die Stun­den bei einem Dienst­tausch oder die frei­wil­li­ge Über­nah­me von Stun­den an frei­en Tagen auf Ver­an­las­sung der Beschäf­tig­ten von der Zuschlags­pflicht ausgenommen.

WAS SOLLTEN DIE BESCHÄFTIGTEN BEACHTEN?

Die­se Vor­ge­hens­wei­se von Arbeit­ge­bern lässt uns kei­ne ande­re Wahl, als jedem Beschäf­tig­ten zu empfehlen:
Nehmt kei­ne Ange­bo­te der Arbeit­ge­ber­sei­te zur Über­nah­me von zusätz­li­chen Stun­den oder Diens­ten an ohne schrift­li­che Zusa­ge, dass die Arbeits­stun­den zuschlags­pflich­tig sind, wenn die Zeit­wer­te des § 13 Absatz 10 MTV über­schrit­ten wer­den. Dabei müs­sen alle Beschäf­tig­ten mit­ma­chen! Rech­te müs­sen gemeinsam durch­ge­setzt werden.

Wir wer­den zeit­nah mit dem BDLS ein Gespräch füh­ren, um die strit­ti­gen The­men zum Tarif­ver­trag zu klä­ren, damit es auch ein­heit­lich in der  luft­si­cher­heits­bran­che gehand­habt wird. Falls es zu kei­ner ein­ver­nehm­li­chen Eini­gung kommt, wird es not­wen­dig sein, dass die Beschäf­tig­ten ihre Ansprü­che beim Arbeits­ge­richt einklagen.

Beispielstabelle für Mehrarbeitsstunden im Monat

Beschäftigte der EG I:

 

Arbeits­zeit Monat/​Std MTV Std zuschlagsfrei Arbeits­zeit­kon­to Zuschlä­ge ab Stunde
160 175 15 15,1
140 153,1 13,1 13,2
120 131,3 11,3 11,4
100 109,4 9,4 9,5
80 87,5 7,5 7,6

Beschäftigte der EG II bis V:

Arbeits­zeit Monat/​Std MTV Std zuschlagsfrei Arbeits­zeit­kon­to Zuschlä­ge ab Stunde
174 190 16 16,1
150 163,8 13,8 13,9
124 135,4 11,4 11,5
108 117,9 9,9 10
96 104,8 8,8 8,9

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2025–07-18_AV_BuV_Tarifinfo-8_MTV-2_final