Endlich Schluss mit der Benachteiligung bei Mehrarbeit in der Luftsicherheit!
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,
Teilzeitbeschäftigte dürfen bei Mehrarbeitszuschlägen nicht benachteiligt werden,
das hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) am 5. Dezember 2024 entschieden und damit ein wegweisendes Urteil zur Mehrarbeitsvergütung für Teilzeitbeschäftigte verkündet. Danach ist es unzulässig, dass Teilzeitkräfte erst nach Erreichen der für Vollzeitkräfte geltenden Monatsarbeitsstunden die Mehrarbeitszuschläge erhalten. „Eine tarifvertragliche Regelung, die unabhängig von der individuellen Arbeitszeit für Überstundenzuschläge das Überschreiten der regelmäßigen Arbeitszeit eines Vollzeitbeschäftigten voraussetzt, behandelt teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer wegen der Teilzeit schlechter als vergleichbare Vollzeitbeschäftigte. Sie verstößt gegen das Verbot der Diskriminierung Teilzeitbeschäftigter (§ 4 Abs. 1 TzBfG), wenn die darin liegende Ungleichbehandlung nicht durch sachliche Gründe gerechtfertigt ist.“
Das Urteil kommt nicht überraschend, da die Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) C‑660/20 vom 19.10.2023 und C‑184/22, C‑185/22 vom 29.07.2024 zur Mehrarbeitsvergütung von Teilzeitbeschäftigten sich gegen eine Benachteiligung von Teilzeitbeschäftigten aussprachen.
Wir prüfen momentan, was dies für die Beschäftigten der Wach- und Sicherheitsbetriebe (Bewachungsgewerbe) bedeutet. Hierzu werden wir bald noch gesondert informieren!
Für den Bereich der Luftsicherheit stellt sich die Sache wie folgt dar:
ver.di hat in den letzten Tarifverhandlungen mehrfach versucht, mit dem Bundesverband der Luftsicherheitsunternehmen (BDSL) eine tarifvertragliche Regelung zu finden, die eine diskriminierungsfreie Lösung ermöglicht hätte. Dazu waren die Arbeitgeber nicht bereit. Das Urteil bestätigt unsere Auffassung und wird uns bei den Tarifverhandlungen in der Tarifrunde 2025 helfen, die tarifvertraglichen Regelungen anzupassen.
Was bedeutet das Urteil für Teilzeitbeschäftigte in der Luftsicherheit?
Im Entgelttarifvertrag für Sicherheitskräfte an Verkehrsflughäfen (ETV) steht in § 7 Absatz 7:
„Zuschlagspflichtige Mehrarbeit bei Tätigkeiten gemäß § 5 Luftsicherheitsgesetz ist jede Arbeitszeit, die über die 180. Arbeitsstunde pro Monat hinaus geleistet wird. Zuschlagspflichtige Mehrarbeit bei Tätigkeiten gemäß §§ 8 und 9 Luftsicherheitsgesetz ist jede Arbeitszeit, die über die 208. Arbeitsstunde pro Monat hinaus geleistet wird. Bei einem Arbeitszeitkonto …“
Das bedeutet: Diese tarifliche Regelung ist durch das Urteil des BAG am 5. Dezember 2024 als diskriminierend gegenüber Teilzeitkräften zu beurteilen, da es keinen sachlichen Grund gibt, dass Teilzeitbeschäftigte mehr Stunden ohne Zuschlag arbeiten müssen als Vollzeitbeschäftigte. Das ist nicht mehr zulässig.
Was bedeutet das?
Teilzeitbeschäftigte dürfen gegenüber Vollzeitbeschäftigten bei der Bezahlung der Mehrarbeit nicht benachteiligt werden!
Dies heißt konkret bei Tätigkeiten gemäß § 5 Luftsicherheitsgesetz:
Die Differenz von 160 zu 180 bedeutet 20 Stunden Mehrarbeit ohne Zuschläge (bei Vollzeitarbeit). Dies entspricht 12,5 %. Diese 12,5 % sind entsprechend aus der individuell vereinbarten Arbeitszeit zu ermitteln und ergeben die Anzahl der Stunden, die ohne Mehrarbeitsvergütung zu erbringen sind.
Rechenbeispiele
Arbeitszeit lt. Vertrag | 100 | 120 | 140 |
12,5% | 12,5 Std | 15 Std. | 17,5 Std |
25% Mehrarbeitsvergütung sind zu zahlen | > 112,5 Std | >135 Std | >157,5 Std |
Dies bedeutet bei Tätigkeiten gemäß §§ 8 und 9 Luftsicherheitsgesetz folgendes:
Nach dem gleichen Schema bedeutet dies: Die Differenz von 174 zu 208 bedeutet 34 Stunden Mehrarbeit ohne Zuschläge. (bei Vollzeitarbeit) Dies entspricht 19,54 %. Diese 19,54 % sind entsprechend aus der individuell vereinbarten Arbeitszeit zu ermitteln und ergeben die Anzahl der Stunden, die ohne Mehrarbeitsvergütung zu erbringen sind.
Rechenbeispiele:
Arbeitszeit lt. Vertrag | 100 | 120 | 140 |
19,54% | 19 Std. und 32 Min. | 23 Std. und 27 Min. | 27 Std. und 36 Min. |
25% Mehrarbeitsvergütung sind zu zahlen | >119 Std. und 32 Min. | >143 Std. und 27 Min. | >167 Std. und 36 Min. |
Ansprüche können geltend gemacht werden!
Unabhängig von den Tarifverhandlungen besteht bei Erfüllung der Voraussetzungen für Teilzeitkräfte die Möglichkeit, für die Mehrarbeit, die oberhalb der zuschlagsfreien Stunden im Monat geleistet wurden, sechs Monate rückwirkend den Zuschlag beim Arbeitgeber geltend zu machen, sofern zuschlagspflichtige Mehrarbeit geleistet wurde. Voraussetzung dafür sind die monatlichen Arbeitszeitnachweise (Stundenzettel). Die Höhe des Zeitzuschlags beträgt 25 % des jeweiligen Stundenentgelts und ergibt sich aus § 7 Absatz 2 Buchstabe a ETV.
ver.di-Mitgliedern können zur Geltendmachung von Ansprüchen betrieblich ein vor-bereitetes Schreiben von euren ver.di-Vertrauensleuten, ‑Betriebsräten oder ‑Haupt-amtlichen erhalten. Wegen der Ausschlussfrist sollte ein Anspruch möglichst schnell geprüft werden! Bei Ablehnung der Ansprüche durch den Arbeitgeber vertritt ver.di ihre Mitglieder auch vor Gericht!
Download: Tarifinfo-Mehrarbeit Luftsicherheit
2024–12-12_AV_BuV_Tarifinfo-11_Mehrarbeit_final