Arbeitgeber darf Betriebsratswahl nicht Behindern. Zur Teilnahme an der ersten Wahlversammlung braucht es keine Erlaubnis!
Wir erhalten derzeit aus mehreren Richtungen und vielen Betrieben Anfragen zu möglichen Betriebsratsgründungen in ganz Hessen. Viele Beschäftigte wollen sich organisieren und Betriebsräte wählen. Oft kein einfaches Unterfangen. Besonders in der Sicherheitsbranche sind Betriebsratsgründungen von Arbeitgebern nicht gerne gesehen. Eigentlich Unsinn. Denn Betriebe mit Betriebsrat sind produktiver, die Beschäftigten sind zufriedener und informierter.
Trotzdem kommt es immer wieder vor, dass Arbeitgeber kreativ werden, wenn eine Betriebsratsgründung angestoßen wird. Oft werden Einzelgespräche geführt oder man versucht auf andere Weise die Wahl zu behindern.
Beispielsweise wird versucht die Arbeitnehmer von der Teilnahme an der ersten Wahlversammlung abzuhalten. Doch das geht nicht. Die Wahlversammlung nach § 17 Betriebsverfassungsgesetz (in Kleinbetrieben nach § 17a BetrVG) ist ein geschütztes Recht.
§ 17 Bestellung des Wahlvorstands in Betrieben ohne Betriebsrat
(…)(2) Besteht weder ein Gesamtbetriebsrat noch ein Konzernbetriebsrat, so wird in einer Betriebsversammlung von der Mehrheit der anwesenden Arbeitnehmer ein Wahlvorstand gewählt (…)
Wahlbehinderung ist strafbar!
Hindert der Arbeitgeber die Arbeitnehmer an der Teilnahme, so ist dies strafbar! Arbeitgeber können mit Freiheitsstrafe oder Gefängnis bestraft werden.
§ 119 Straftaten gegen Betriebsverfassungsorgane und ihre Mitglieder
(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer
1. eine Wahl des Betriebsrats, der Jugend- und Auszubildendenvertretung, der Bordvertretung, des Seebetriebsrats oder der in § 3 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 oder 5 bezeichneten Vertretungen der Arbeitnehmer behindert oder durch Zufügung oder Androhung von Nachteilen oder durch Gewährung oder Versprechen von Vorteilen beeinflusst, (…)
(2) Die Tat wird nur auf Antrag des Betriebsrats, des Gesamtbetriebsrats, des Konzernbetriebsrats, der Bordvertretung, des Seebetriebsrats, einer der in § 3 Abs. 1 bezeichneten Vertretungen der Arbeitnehmer, des Wahlvorstands, des Unternehmers oder einer im Betrieb vertretenen Gewerkschaft verfolgt.
Arbeitgeber sollten sich also besser genau überlegen, ob sie sich dieser Gefahr aussetzen wollen. Stellt die Gewerkschaft Strafanzeige, ist i.d.R. auch mit öffentlichkeitswirksamen Maßnahmen zu rechnen. Insbesondere bei Unternehmen die auf staatliche Aufträge angewiesen sind, eine heikle Sache…
„Unser Chef will das nicht.“
Es mag sein, dass Chef oder Chefin nicht viel von der Wahl eines Betriebsrats halten. Das tut aber rein gar nichts zur Sache. Einen Betriebsrat zu wählen ist das gesetzlich verbriefte Recht der Beschäftigten. Es mag auch sein, dass der Geschäftsführung das Arbeitszeitgesetz, das Urlaubsgesetz, das Datenschutzgesetz oder das Arbeitsschutzgesetz nicht passt – trotzdem muss sie sich an die geltenden Gesetze halten und das Betriebsverfassungsgesetz gehört dazu.
Die Betriebsratswahlen sind die demokratischen Wahlen in Deutschland mit der höchsten Wahlbeteiligung (fast 80 Prozent – zum Vergleich: die Bundestagswahl 2013 hatte eine Wahlbeteiligung von knapp über 70 Prozent). Kein Arbeitgeber hat das Recht, seinen Beschäftigten ihr demokratisches Wahlrecht vorzuenthalten. In einer Zeit, in der immer mehr Menschen sich echte Mitbestimmung wünschen und in der über sinkende Wahlbeteiligungen diskutiert wird, ist es komplett unverständlich, den Beschäftigten ausgerechnet an ihrem Arbeitsplatz, an dem sie einen Großteil ihres Tages verbringen, diese demokratischen Rechte vorenthalten zu wollen.
Und auch Arbeitgeber sollten ein Interesse an Arbeitnehmermitbestimmung haben. Wer mitbestimmt, ernst genommen und wertgeschätzt wird, ist motiviert und nutzt mit seinen Ideen, die er in den Betrieb einbringt, auch dem Unternehmen. Im Wettbewerb um Fachkräfte müssen Arbeitgeber für eine zufriedene, motivierte Belegschaft mit fairen Einkommens- und Arbeitsbedingungen sorgen, damit sie ihre Mitarbeiter im Betrieb halten können: Mit Betriebsrat gewinnen alle!
Bange machen gilt nicht!
Arbeitnehmer sollten sich also von Drohungen genauso wenig beeinflussen lassen wie von leeren Versprechungen. Voraussetzung für die Teilnahme an der Wahlversammlung ist, dass man hingehen will – sonst nichts. Eine Erlaubnis braucht man nicht! Ist man im Dienst meldet man sich beim direkten Vorgesetzten ab und fertig. Hat man frei, hat einem der Arbeitgeber sowieso nichts vorzuschreiben. Und Leitende Angestellte haben in der Wahlversammlung sowieso kein Zutrittsrecht. Wäre ja noch schöner, wenn da irgend so ein Arbeitgeber-Otto rummosert! Sanktionen dürfen dafür nicht erfolgen und sind unwirksam. Auch dies steht so im Gesetz!
Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) § 612a Maßregelungsverbot
Der Arbeitgeber darf einen Arbeitnehmer bei einer Vereinbarung oder einer Maßnahme nicht benachteiligen, weil der Arbeitnehmer in zulässiger Weise seine Rechte ausübt.
Ihr wollt in Eurem Betrieb einen Betriebsrat gründen? Sprecht uns an! Ihr habt Probleme bei der Wahl des Betriebsrates? Der ver.di-Rechtsschutz setzt Eure Rechte durch!
Weiterführende Informationen:
- 11 häufige Argumente gegen Betriebsräte – die alle falsch sind – dgb.de
- Noch keinen Betriebsrat? Wähl Dir einen! – verdi.de
- Infoportal zur BR-Wahl – verdi.de