Noch bis zum Jahresende läuft der Entgelttarifvertrag für das Wach- und Sicherheitsgewerbe in Hessen. In der Bewachung steigen die Tariflöhne jetzt nochmal um mindestens 3,1%.
Laut Tarifeinigung von 2021 steigen die Tariflöhne am 01.02.2022 erneut um mindestens 3,1 %. Besonderheiten gibt es bei der Bewachung der US-Army, der Bundeswehr-Bewachung, der Bewachung des US-Konsulats und im ÖPV. Bei der US Army steigt der Stundenlohn um 4,24 % auf 14,37 €. Die Stundenlöhne bei der Bundeswehrbeachung erhöhen sich um 0,50 €. Im US-Konsulat steigt der Stundenlohn dieses 2022 um 6,2 %.
Im ÖPV (FAP und SOD) steigen die Löhne darüber hinaus jeweils um 3,3 %. Die Azubi-Vergütungen werden ebenfalls um 50 € monatlich erhöht.
All das wurde bereits 2021 im Rahmen der damaligen Tarifauseinandersetzung vereinbart, und kommt also nicht neu auf den Tisch. Angesichts der momentanen Inflation ist das sicher für viele immer noch zu wenig. Andererseits konnte das damalige Ergebnis auch nur durch Streiks durchgesetzt werden, wobei klar ablesbar ist, welche Bereich sich dabei besonders ins Zeug gelegt haben…
So wie wir den BDSW kennen, würde er uns heute wieder vorrechnen wollen, wie schwierig doch die aktuelle Lage wäre. Ihr kennt das, dem Chef geht’s ja bekanntlich immer schlecht – zumindest in Tarifverhandlungen.
Vergleicht man die Bewachungsbranche einmal mit dem ebenfalls durch Corona schwer getroffenen Gastwirtschaftsgewerbe, dann stellt man fest: Dort haben einige Arbeitgeber die Zeichen der Zeit erkannt und mit unserer Schwestergewerkschaft NGG deutliche Tarifsteigerungen um 5 % vereinbart. Ob der BDSW die Zeichen der Zeit erkannt hat, sehen wir dann frühestens zum Jahresende, wenn der derzeitige Entgelttarifvertrag frühestens neu verhandelt werden kann. Zwar suchen die Sicherheitsfirmen händeringend nach Personal, in der Vergangenheit war dies jedoch auch kaum anders und hat die Arbeitgeber trotzdem nicht dazu motivieren können, von sich aus bessere Löhne zu zahlen.
Und was ist mit dem Mindestlohn?
Der gesetzliche Mindestlohn beträgt vom 1. Januar bis zum 30. Juni 2022 9,82 Euro und wird am 1. Juli 2022 auf 10,45 Euro steigen. Wir liegen in der Bewachung bei der niedrigsten Entgeltgruppe (EG II 1 „Objektschutzdienst“) mit 11,30 Euro deutlich darüber.
Kurz zur Erinnerung: 2015 startete der gesetzliche Mindestlohn mit 8,50 Euro, während die unterste Entgeltgruppe (EG II 1) ebenfalls 8,50 Euro betrug. Heute liegen wir mit 11,30 Euro 1,48 Euro drüber, und werden auch im Juli noch 0,85 Euro mehr pro Stunde verdienen als mit dem Mindestlohn. Gewerkschaft lohnt sich also!
Ende 2021 hat die neue Koalition jedoch beschlossen, den gesetzlichen Mindestlohn einmalig auf 12 Euro anzuheben, um vor allem der Erwerbsarmut und drohender Altersarmut entgegen zu wirken. Aktuell plant das Bundesarbeitsministerium die Umsetzung zum Oktober 2022. Das wird Millionen von arbeitenden Menschen in Deutschland finanziell besserstellen. Es ist aber auch eine Herausforderung für die Tarifvertragsparteien. Wie genau mit tariflichen Regelungen umgegangen werden soll, die unterhalb des gesetzlichen Mindestlohnes liegen, steht noch nicht fest. Für die Zeit der Einführung des Mindestlohns 2015 war es übergangsweise bis Ende 2016 zulässig, in Tarifverträgen geringere Löhne als den Mindestlohn zu vereinbaren. Ob dies diesmal wieder so gemacht werden soll wird sich noch herausstellen.
Unklar ist vor allem noch, wie sich die Arbeitgeber bei Entgeltgruppen positionieren werden, die bisher deutlich über dem Mindestlohn lagen, ab Oktober aber wesentlich weniger Abstand haben werden (GSSK, FSS, Flüchtlingsunterkünfte usw.).
Hierzu wird sich die ver.di-Tarifkommission im Laufe des Jahres beraten und eine Strategie festlegen. Wir halten euch wie immer auf dem Laufenden!